Gut 1.000 Jäger, Bauern, Fischer, Imker, Waldbesitzer und Grundeigentümer aus ganz Schleswig-Holstein trafen sich am 1. September 2015 gemeinsam vor dem Landeshaus in Kiel. Zu Land, zu Wasser und aus der Luft demonstrierten sie lautstark für ein ideologiefreies Naturschutz-, Landesjagd- und Landeswaldgesetz. Zeitgleich tagte die Landesregierung und hatte unter anderem ein Paket mit Änderungswünschen des grünen Umweltministers zu diesen Gesetzen auf dem Tisch.
„Mit einer Novelle des Landesnaturschutzgesetzes will die Landesregierung Schleswig-Holsteins die biologische Vielfalt fördern und die Natur als Reichtum des Landes schützen“, heißt es in der Pressemitteilung des Landwirtschaftsministers.
Fakt ist aber, dass die Landesregierung mit den geplanten Änderungen zum Teil den Natur-, Tier- und Artenschutz aufweicht und damit die biologische Vielfalt in Schleswig-Holstein nicht fördert sondern gefährdet.
Freies Betretungsrecht!
Das Betretungsrecht soll dem bundesweiten Standard (ausgenommen Mecklenburg-Vorpommern) angepasst werden – damit folgt Minister Habeck dem Mainstream und opfert die letzen Wildtierlebensräume in unsere Kulturlandschaft.
Minister Habeck forderte die Demonstranten auf „Lesen Sie das Landesnaturschutzgesetz und nicht die Ausführungen dazu im Bauernblatt“. Das haben wir gemacht!
„Das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung ist allen gestattet“ – so ist es für Schleswig-Holstein geplant.
Doch was ist eine ungenutzte Grundfläche? Auch wenn Minister Habeck in diesem Zusammenhang von Stoppelfeldern, abgeernteten Äckern und Grünlandflächen außerhalb ihrer Aufwuchszeit spricht, so vergisst er – bewusst oder unbewusst – die stillgelegten und artenreichen Ackerraine, die von Landwirten und Jäger angelegten Buntbrachen und Blühstreifen. Fakt ist, diese Kleinode sind wichtige Bausteine der biologischen Vielfalt in unserer Kulturlandschaft. Sie sind als Trittsteinbiotope wesentliche Elemente der Biotopvernetzung. Das alles soll nun zum Zweck der menschlichen Erholung geopfert werden, Herr Habeck?
In diesem Punkt erfolgt Rückschritt für den Natur- und Artenschutz und die Regierung folgt dem Mainstream anderer Bundesländer. Warum?
Auch wenn der Gesetzgeber festlegt „Bei der Ausübung des Rechts auf Betreten der freien Landschaft […] ist jedermann verpflichtet, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen.“ So traut der Gesetz- und Verordnungsgebeger an anderen Stellen den Bürgerinnen und Bürgern diesen umsichtigen und pfleglichen Umgang mit der heimischen Tier- und Pflanzenwelt offenbar nicht zu. Wie sonst lässt sich erklären, dass in 194 Naturschutzgebieten mit fast 60.000 ha Fläche zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt, zur Minimierung der menschlichen Störungen ein striktes Betretungsverbot abseits von Wegen per Verordnungen aus dem selben Ministerium festgelegen werden, welches nun aber für die restlichen Wildtierlebensräume diese Regelung abschaffen will.
Auch die Argumentation im Wald sei das freie Betretungsrecht ja schon Gang und Gäbe und verursache keinerlei Probleme, ist eine Lüge. Auch hier hat der Gesetzgeber zum Schutz einzelner Tierarten die allgemeinen Betretungsrechte eingeschränkt z.B. im Rahmen des Horstschutzes. Wo bleibt da also das Vertrauen der Regierung in den mündigen Bürger, welcher mit Natur- und Landschaft immer pfleglich umgeht?
Klientelpolitik – Habeck will Jagdverbote auf Flächen von Stiftungen und Vereinen etc. ermöglichen
Jedoch gilt die Anpassung an bundesweite Standards nur für das Naturschutzrecht – die bundesweiten Standards im Jagdrecht, die in den 15 anderen Bundesländern anerkannt sind, gehen Habeck nicht weit genug. Hier will er eine Benchmark setzen! Mainstream gib es offensichtlich nur, wenn es grade in die Argumentation passt.
Was ist geplant? Minister Habeck plant die Befriedung von Flächen aus ethisch-moralischen Gründen, wie sie natürlichen Personen zugestanden wird, künftig auf juristische Personen also Verbände, Vereine, Stiftungen etc. auszuweiten.
Mit einer solchen Regelung würde der Minister die ordnungsgemäße, flächendeckende Jagdausübung und Hege, wie sie im Jagdgesetz verankert ist, gefährden und im schlimmsten Falle völlig zum Erliegen bringen.
Der Präsident des Landesjagdverbandes Schleswig Holstein betonte, „Jagd ist nicht nur das Töten von Tieren sondern vor allem der verantwortungsvolle und nachhaltige Umgang mit der Natur und die Hege als älteste Form des Naturschutzes“. Diese Möglichkeit würde er den 17.000 staatlich anerkannten Naturschützern, den Jägerinnen und Jäger im Lande Schleswig-Holstein nehmen.
Wie geht es weiter?
Das Kabinett hat das Gesetz, wie zu erwarten war und trotz der Lippenbekenntnisse des Ministerpräsidenten Albig – „man würde das Gesetzespaket im Kabinett noch intensiv diskutieren“ – direkt nach der Demonstration durchgewunken. Nun wird sich der Landtag mit den geplanten Änderungen beschäftigen und es bleibt zu hoffen, dass die gewählten Volksvertreter nicht den Fraktionszwang folgen, sondern sich wirklich inhaltlich und intensiv mit der Materie beschäftigen und für den Schutz unserer Wildtierlebensräume entscheiden.
Wir, die Naturschutz- und Nutzerverbände stehen für sachliche Gespräche jederzeit zur Verfügung.
Was können Sie tun?
Als Jägerin und Jäger in Schleswig-Holstein nutzen Sie die nächsten Wochen, sprechen Sie mit den Landtagsabgeordneten vor Ort, äußern Sie ihre Bedenken per Mail oder Brief, nutzen Sie die öffentlichen Auftritte des Umweltministers und der Volksvertreter.
Zeigen Sie Flagge! – damit wir schützen, was uns als Heimat kostbar ist.
Hier gibts des Gesetztesentwurf!
Hier gibt es die Rede von Dr. Baasch anlässlich der DEMO vom 1.9.2016